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Gen-Z und die Azubi-Recruiting-Trends 2023: Im Gespräch mit Ausbildungsexpertin Felicia Ullrich [Teil 1]
„Sie wollen in ihrer Arbeit ein Stück weit flexibler sein und ein Stück weit mehr mitreden.“
Das sagt Felicia Ullrich, Expertin für Ausbildungsmarketing und Mitinitiatorin der Studie Azubi-Recruiting-Trends. Felicia war unser punk.tuell Podcast-Gast und hat mit uns über die Heranwachsenden der Gen-Z gesprochen. Klar, dass wir mit der AZUBI-Expertin und Mitinitiatorin von Deutschlands größter doppelperspektivischer Studie direkt eine doppelte Folge produziert haben. Auch um das (schlechte) Wortspiel auszunutzen, aber vor allem, weil das Thema „junge Talente“ und Nachwuchsförderung zu wichtig ist – für die Zahnarztpraxen und für alle anderen Branchen.
Gerade keine Zeit den kompletten Text zu lesen? Dann findet Ihr hier die Links zu den einzelnen Themen im Artikel:
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Du möchtest lieber hören, statt lesen? Kein Problem. Hier haben wir etwas Feines für Dich vorbereitet.
Höre die Zusammenfassung von Klaus (07.21 Minuten)
Oder höre unsere Podcast-Episode (34.18 Minuten)
Fachkräftemangel und die Frage nach dem Praxispersonal der Zukunft
Fast die Hälfte aller benötigten Stellen für Fachkräfte blieben 2022 unbesetzt. Kaum ein Tag vergeht, in dem nicht das Wort „Fachkräftemangel“ durch den Raum geistert. In der aktuellen Landschaft des Arbeitsmarktes, auch im Bereich der Zahnarztpraxen, wird dieses drängende Problem immer deutlicher.
Die Ursachen für den Fachkräftemangel in der Zahnarzt-Branche sind vielschichtig. Ein maßgeblicher Faktor ist der demografische Wandel, der zu einem kontinuierlichen Rückgang des verfügbaren Nachwuchses führt. Die sinkende Zahl an potenziellen Arbeitskräften steht jedoch im Gegensatz zu einem stabilen oder sogar wachsenden Angebot an Stellen, was zu einem Ungleichgewicht führt.
Weitere entscheidende Aspekte, die zur Verschärfung der Situation beitragen:
- das mangelnde Ansehen von Berufen innerhalb der Zahnarztpraxen
- die oft vernachlässigte Work-Life-Balance
Junge Talente suchen vermehrt nach Arbeitsumgebungen, die ihnen ermöglichen, ihre beruflichen Verpflichtungen mit einem ausgewogenen Privatleben in Einklang zu bringen.
Ganz oben auf der „To-do-Liste“ steht: Die Attraktivität der Ausbildung in der Zahnarzt-Branche zu steigern. Für die Suche nach kreativen Lösungen, haben wir zunächst Grundlagenforschung betrieben, um zu verstehen, welche Ansichten und Einsichten den Nachwuchs prägen.
#porträtgenerationz
Im ersten Teil liegt der Schwerpunkt auf der Generation Z, dem „raren Gut“. Felicia teilt wertvolle Erkenntnisse und Empfehlungen, wie der Umgang mit den zwischen den Jahren 1995 und 2010 Geborenen gut funktioniert und erfolgreich ist. Als „Betroffene“ – mit Kindern in dieser Altersgruppe – geben Klaus und Felicia mit ihren persönlichen Perspektiven und Erfahrungen auch Beispiele aus dem Alltag.
Die komplette Folge könnt ihr in unserem Podcast punk.tuell hören und sofort spüren, wie sehr Felicia für Thema „Azubi-Marketing“ brennt.
Wer nicht hören will / kann, was die beiden feststellen oder bemängeln, bekommt es hier im Blog noch einmal schwarz auf weiß zusammengefasst.
#generationenkonfliktexistiertnicht
Positiv vorweg: Der medial so forcierte Generationenkonflikt besteht nicht wirklich.
Träume, Wünsche und aktuelle Lebenskonzepte eines jungen Erwachsenen unterscheiden sich von den Prioritäten der Menschen in der Lebensmitte. Das gab es schon immer und das wird es immer geben. Die GenZler sind auch nicht zu faul, um zu arbeiten.
Sie haben jedoch konkrete Vorstellungen davon, zu welchen Bedingungen und Konditionen sie ins Berufsleben einsteigen wollen.
#flexibilitätundmitbestimmung
Klaus: Aber wo siehst du diese großen Unterschiede, auf die es ankommt und auf die jeder Arbeitgeber achten muss, damit er mit diesen Menschen so umgeht, dass sie sich wohlfühlen, sich für ein Unternehmen begeistern können, Engagement zeigen und auch Lust haben, dort was zu tun?
Felicia: Sie wissen genau, sie sind der demografische Wandel. Sie sind ein rares Gut. Und die Generation weiß auch, sie wird wahrscheinlich noch länger arbeiten müssen als wir, um die Boomer durchzufüttern. Klar, dass man dann sagt:
„Nö, ich möchte nicht 40 Stunden arbeiten, ich möchte vielleicht nur 35 Stunden arbeiten“.
Und sie sind Teil einer Generation, die es von den Eltern gewohnt ist, dass sie mitreden dürfen.
Meine Eltern haben früher festgelegt, wo wir im Urlaub hinfuhren. Heute werden die Kinder gefragt und deshalb möchten die auch gefragt werden, weil sie das von zu Hause kennen.
Klaus: Auf der einen Seite eine Generation, die weiß, dass sie ein rares Gut ist, dass sie einen hohen Wert hat für Unternehmen. Und trotzdem will man sich natürlich nicht davon abhängig und erpressbar machen. Die Unternehmen können sich nicht immer umstellen, wenn es etwa um Schichtsysteme geht.
Wo siehst du diesen Weg eines Miteinanders, der beide Seiten vernünftig miteinander kombinieren kann?
#wertschätzungalsschlüssel
Felicia: Ich glaube, dass viele könnten, wenn sie wollten. Vielleicht muss ich mir Alternativen überlegen. Es braucht ein Entgegenkommen von allen Seiten. Ich glaube, ganz wichtig ist Wertschätzung, dass die sich wertgeschätzt und wahrgenommen fühlen. Sie können sich in der Diskussion beteiligen und man findet gemeinsam Wege. Azubis wollen in ihrer Arbeit ein Stück weit flexibler sein und sie wünschen ein Stück weit mehr mitzureden.
Klaus: Gibt es eine Diskrepanz zwischen dem, was die jungen Menschen unter Wertschätzung verstehen und dem, was die Arbeitgeber auf der anderen Seite unter dem gleichen Begriff verstehen?
#selbstwirksamkeitunderfolge
Felicia: Ich glaube, was die jungen Leute sich wünschen, und das haben sie uns auch in der Studie mitgegeben, ist regelmäßiges Feedback. Feedback heißt nicht immer nur Kritikgespräche. Feedback heißt auch positive Dinge.
Was wir bei dieser jungen Generation merken, ist, dass sie eine wesentlich geringere Selbstwirksamkeit haben. Und Selbstwirksamkeit ist der wichtigste Schlüssel dafür, dass ich irgendwas tue.
Wir haben eine Generation, die wirkt sehr selbstbewusst, weil sie von Mama und Papa auch oft hofiert wird, aber denen auch ganz viel abgenommen wird. Aber Selbstwirksamkeit benötigt Erfolge, dann habe ich irgendwann auch viel mehr Bock, Dinge selbst zu machen. Und da hilft so was wie Feedback, loben, auch Erfolge sichtbar werden lassen.
#voneianderlernen
Klaus: Siehst du da eine Veränderung im Mindset der Unternehmen, sich selbst auch mehr darauf einstellen zu wollen, zu einem guten Unternehmer, zu einer guten Führungskraft werden zu wollen, auch bei den Älteren?
Felicia: Ich finde, das geht so. Ich glaube, es funktioniert, wenn man voneinander lernt. Wenn jemand dich wahrnimmt, wertschätzt, bist du eher gewillt, auch mal einen Rat anzunehmen.
Klaus: Ja, es ist ein beiderseitiges Lernen. Das sehe ich auch so. Merkt ihr das in euren Studien auch, dass eben solche Themen wie Sicherheit, wirtschaftliche Sicherheit heute doch wieder einen anderen Stellenwert haben durch Themen wie Umwelt, Kriege, Bedrohungen etc.?
#bedürfnisnachsicherheit
Felicia: Das Thema Sicherheit spielt schon länger eine große Rolle, weil es die Generation ist, die seit der Finanzkrise mit Krisen groß geworden ist. Und wenn du immer nur Krise, Krise, Krise, Krise hörst, hast du automatisch ein höheres Bedürfnis nach Sicherheit. Die größte Angst ist – weit vor Klimakrise, weit vor Krieg – die Inflation. Mein Leben ist nicht mehr sicher. Und da zahlt Ausbildung darauf ein.
Klaus: Gibt es da irgendetwas in der aktuellen Studie, bei dem du gedacht hast, damit habe ich nicht gerechnet?
Felicia: Was ein total gehyptes Thema ist, ist dieses Social-Media-Thema. Social Media ist nicht der Kanal, über die ich Jugendliche als Azubis finde, das wissen wir seit 2013.
Was mich schon überrascht, ist eher die Haltung der Unternehmen. Die Frage, warum Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten, wird grundsätzlich mit fehlender Eignung begründet. Wenn ich mir dann anschaue, wie ich Eignung feststelle, hat das überhaupt nichts mit Eignung zu tun. Ein Anschreiben sagt nichts über Eignung aus, weil du überhaupt nicht weißt, wer es geschrieben hat.
Selbst Schulnoten sagen nur sehr bedingt etwas über Eignung aus.
#einfachmalausprobieren
Klaus: Was ist denn dann überhaupt aus eurer Sicht als Experten der Weg, den die Unternehmen gehen sollen?
Felicia: Es reicht nicht, wenn du einen Kanal bespielst, sondern du musst möglichst an verschiedenen Stellen sichtbar sein. Das heißt, dass du zum Beispiel in der Zahnarztpraxis super Empfehlungsmarketing machen könntest. Zufriedenen Kunden einfach mal einen Flyer mit in die Pfote geben. Nach dem Motto:
„Wenn Sie eine Tochter oder einen Sohn haben, dem das Spaß machen könnte, der kann doch mal einen Schnuppertag bei uns machen und uns kennenlernen.“
Das wäre ganz einfach. Und natürlich bei Google wirklich attraktive Stellenanzeigen schalten, die auf die Sorgen der Jugendlichen einzahlen und nicht, wo ich mich in den Mittelpunkt stelle.
Ausbildungsmarketing in Form von „Botschaften senden“, mit denen ich ausdrücke: „Hey, ich verstehe dich, ich verstehe auch deine Bedürfnisse, und ich mache mir Gedanken darüber“, und das eben auf verschiedenen Kanälen. Vielleicht auch mal überlegen: Kann ich nicht mal in eine Schule gehen und etwas Spannendes zum Thema Zahngesundheit machen?
#bestpractise
Klaus: Ich bin ein großer Freund davon, soziale Netzwerke für die Außendarstellung des Berufes zu nutzen. Zu zeigen, dass eine Ausbildung in der Zahnarztpraxis als Abteilungsleiterin Prophylaxe oder Social-Media-Managerin enden kann, also in Verwaltungsjobs, mit leitender Funktion. Und was ich mega spannend finde und wir mit unseren Zahnärzten, mit unseren Kunden und Kundinnen immer wieder machen: „Schaut euch auch den Markt der Empfehler an.“
Wir haben beispielsweise für eine unserer Praxen eine sehr nette Stellenanzeige in Kirchenblättern geschaltet. Dort sind die Menschen unterwegs, die als Ratgeber, als Multiplikatoren wirken und die den jungen Leuten so was auch mal auf den Tisch legen. Eine Praxis kam und sagte: „Mensch, guck mal, wir haben ja was Tolles erlebt. Da kam ein junges Mädel, die hatte auf ihrem Handy ein WhatsApp von der Tante oder der Oma und die hat diesen Zeitungsausschnitt abfotografiert und hat ihn ihr geschickt.“
Die Zahnarztpraxis als coole Arbeitgebermarke – das funktioniert. Wer jetzt SOFORT noch mehr dazu wissen will, der kann direkt zu unserer zweiten Folge mit Felicia bei punkt.uell hier im Blog klicken.
Die Zahnarztpraxis als Arbeitgebermarke: Talk mit Ausbildungs-Expertin Felicia Ullrich (Teil 2)
Was man noch über Felicia und ihre Arbeit wissen sollte …
#sagtsieselbst
“Gutes Azubi-Marketing, wissenschaftlich fundiertes Recruiting und eine motivierende Ausbildung sind meine Herzblutthemen. Andere haben Meinungen, ich die Zahlen dazu. Seit 2013 initiiere ich Deutschlands größte doppelperspektivische Studie im Bereich der Ausbildung, die Azubi-Recruiting Trends. Auf Basis der Ergebnisse halte ich lebendige Vorträge, interaktive Workshops, Webinare und Seminare.“
Felicia ist geschäftsführende Gesellschafterin des u-form-Verlags und der u-form Testsysteme.
Basis der repräsentativen Studie „Azubi-Recruiting-Trends“ ist die Befragung von insgesamt rund 6.000 Azubis / Schüler*innen und Ausbildungsverantwortlichen.
Unser Podcast-Gast weiß nicht nur ganz viel, Felicia hat aus sehr persönlichen Gründen entschieden, fast immer rot zu tragen. Wie es dazu kam, erfahrt ihr auch im 2. Teil: Die Zahnarztpraxis als Arbeitgebermarke: Talk mit Ausbildungsexpertin Felicia Ullrich [Teil 2].